Handeln statt Hoffen – Regional ist erste Wahl!
Raus aus der Abhängigkeit von globalen Märkten und störungsanfälligen Lieferketten. Was passiert da gerade und wann hat das ein Ende?
Wir beschäftigen uns nun seit mehr als 25 Jahren mit dem Einsatz von Naturkalk in Innenräumen. Also deutlich länger als die Zeitspanne in der Wohngesundheit als Megatrend erkannt und bezeichnet wurde. Wir sind froh darüber, dass heute ein wachsender Teil der Gesellschaft erkennt, dass es nicht egal ist, was man sich in seine vier Wände holt. Die Erkenntnis, dass verbaute Materialien auf Wänden, Decken und Böden Einfluss auf die Raumluftqualität nehmen, wird immer mehr geteilt. Auch der Anspruch, dass bei der Auswahl der Baumaterialien Thema wie Nachhaltigkeit und Schutz der Umwelt zunehmen freut uns.
In diesem Blog stellen wir uns die folgenden Fragen:
- Aus welchen Rohstoffen sind die Materialien hergestellt?
- Wo werden die Rohstoffe gefördert?
- Wo werden die einzelnen Komponenten hergestellt?
- Und wo werden letztlich die Bauprodukte gefertigt?
Für KalkKind ist der Anspruch saubere, natürliche Baustoffe herzustellen immer mit der Aufgabe verbunden, dass wir regionale Rohstoffe möglichst nah an der Produktionsstätte nutzen. Zudem stellen wir auch immer den Vorteil für Fachbetriebe heraus, mit diesen Argumenten zu werben.
Wir hätten aber vor der Baustoffkrise nicht gedacht, dass diese Fragen für das Fachhandwerk in so kurzer Zeit eine so substanzielle Bedeutung erlangen werden.
Die Entwicklung im Baustoffsektor, wie wir sie seit Frühjahr dieses Jahres erstmal in diesem Ausmaß erlebt haben, hat die gesamte Branche aufschrecken lassen. Lieferschwierigkeiten bei Standardprodukten wie Ausbauplatten, Profile, Hölzer aber auch Putze, Farben, Lacke und andere kunststoffhaltigen Materialien, kannten wir in diesem Ausmaß noch nicht.
Lieferengpässe und steigende Preise betreffen mittlerweile die gesamte Baubranche. Wer dachte, dass die Entwicklung die sich Anfang des Jahres abgezeichnet und Ende des ersten Quartals bereits dramatisch zugespitzt hat, nur von kurzer Dauer sein wird, müsste spätestens durch die aktuellen Nachrichten desillusioniert, worden sein.
Die Situation im Markt hat vielen Fachunternehmen die Augen geöffnet, wie abhängig das Handwerk von der Lieferfähigkeit der Industrie und des Handels ist. Wenn Lieferketten nicht mehr funktionieren oder gar zusammenbrechen, wenn Preise für Baustoffe in noch nie dagewesenem Maße steigen oder gerade zu explodieren, dann können die Auftragsbücher noch so voll sein, das bringt das erfolgreichste Unternehmen in Schwierigkeiten.
Diese Entwicklung lässt sich nicht allein mit den Wirkungen der Pandemie erklären, sondern ist das Ergebnis des krisenanfälligen globalen Marktes. Politische Entscheidungen und Krisen wirken sich auf die weltumspannenden Lieferketten und internationale Warenströme aus. Der Machtkampf um die Vorherrschaft an den internationalen Märkten bringt nationale Volkswirtschaften in Bedrängnis.
Zum Beispiel waren bisher die Handelsbeziehungen mit Asien, insbesondere mit China ein wichtiger Faktor für die Wirtschaftsentwicklung in den europäischen Ländern. Wenn sich aufgrund des Drucks der USA gegenwärtig die Beziehungen der europäischen Union zu China ändert, dann sind es vor allem diese politischen Entscheidungen, welche diese Handelskrise erheblich mehr anfeuert als die Auswirkungen der Pandemie.
Es gibt keine Indizien dafür, dass sich die Situation im Markt kurzfristig beruhigt und entschärft. Auch die Annahme, dass die Preissteigerungen der letzten Monate und die noch kommenden, irgendwann einmal wieder zurückgenommen werden, ist durch nichts belegt. Angebot und Nachfrage regeln den Preis. Wir können uns darauf einstellen, dass wir lange Zeit damit konfrontiert sind, dass die Nachfrage höher sein wird als das Angebot.
Raus aus der Globalisierungsfalle
Hier einige Gründe für den Zusammenbruch von Lieferketten, Verlängerung der Lieferzeiten oder gar Lieferunfähigkeit:
Herkunft der Rohstoffe
Die meisten Standard-Materialien im Markt beinhalten synthetische Anteile, die auf Basis von Erdöl oder Erdgas hergestellt werden. In der Regel werden die Vorprodukte und Derivate für die Produktion der verschiedenen Chemikalien bereits in dem Erdöl- und Erdgas fördernden Ländern hergestellt und an die Chemieindustrie geliefert. Diese stellt dann die Chemikalien her und die Komponenten zusammen, die von der Baustoffindustrie benötigt werden. Wenn man bedenkt, dass für die Herstellung einer einfachen Dispersionsfarbe mehrere Dutzend Einzelchemikalien zum Einsatz kommen, wird klar wie störanfällig die Lieferfähigkeit ist, wenn einzelne Bestandteile nicht zur Verfügung stehen.
Abhängigkeit von der Logistik
Auf allen Ebenen der Lieferketten von der Förderung über die Produktion bis zum Baustoffhandel wird auf eine nennenswerte Lagerhaltung verzichtet und nur noch auf die Zauberformel „just in time“ gesetzt wird. Die Lagerhaltung wird somit auf Schiffe, Bahn und LKWs verlagert. Die Logistik wird dadurch zunehmend zu einem empfindlichen Unsicherheitsfaktor für die Bereitstellung von Rohstoffen und Warengütern. Je weiter die Transportwege, desto mehr Umschlagplätze müssen angefahren werden und umso häufiger ist ein Wechsel der Transportmittel nötig.
- von der Förderstätte zur Raffinerie
- von der Raffinerie zur Fabrik, um dort die Vorprodukte zu erzeugen
- von dort per Bahn oder Transporter in die Häfen
- auf den Tankern um die halbe Welt
- von den Häfen per Bahn oder LKW in die Chemiefabriken
- von den Chemiefabriken zu den Baustoffherstellern
- von den Baustoffherstellern in den Baustoffhandel
- vom Baustoffhandel zu den Fachunternehmen
Hier wird deutlich, wie empfindlich diese globalen Warenströme allein schon durch auftretende Probleme in der Logistik gestört werden können. Ganz zu schweigen davon welche Umweltbelastung diese Art der Produktion und Bereitstellung auf unsere Umwelt hat.
Anmerkung: Wieso ist es zulässig, dass man Produkte, die Stoffe beinhalten, die auf diese Weise hergestellt werden mit der Bezeichnung „nachhaltig“ bewerben darf?
Der Vertrieb wird immer mehr ins Internet verlagert.
Der Handel verlagert sich immer mehr aufs Internet. Diese Entwicklung zeichnet sich schon länger ab. Auch Baustoffe aller Art, Putze, Farben und Lacke haben den Weg zu Amazon und Co. gefunden. Die Internetplattformen florieren. Auch hier gibt es kein Indiz dafür, dass diese Entwicklung durch ein Ende der Maßnahmen eine andere Richtung einschlagen wird. Zumal fast alle Baustoffhändler ihr Produktsortiment inzwischen auch über Internet-Shops anbieten. Hierdurch erhöht sich der Preisdruck auf den Baustofffachhandel zusätzlich. Dies hat zur Folge, dass die Lagerbestände eben nicht zur Bevorratung einer sicheren Lieferfähigkeit, für die Fachbetriebe des Handwerks aufgestockt und vorgehalten werden. Zuerst werden die mit Vorkasse über die Internetplattformen verkauften Materialien ausgeliefert. Wenn etwas übrigbleibt, ist dann der Handwerker dran. Auch wenn das drastisch formuliert ist: Globale Warenströme und die fortschreitende Digitalisierung auf allen Ebenen stellen nicht nur Vorteile, sondern auch Gefahren für die Handwerksunternehmen dar.